
Geschichte wird von Menschen gemacht. Orte wie Flossenbürg erinnern eindringlich daran.
An zwei aufeinanderfolgenden Tagen besuchten die der 10. und 13. Jahrgangsstufe die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Für die 13. Klassen war es ein nachgeholter Termin, da die ursprünglich geplante Exkursion in der Pandemie ausgefallen war.
Das 1938 entstandene Stammlager Flossenbürg ist von Bad Kötzting aus mit dem Bus in nur eineinhalb Stunden erreichbar. Mitten in der Oberpfalz befindet also eines der größeren Konzentrationslager in Deutschland.
Von der Lagerkommandantur Flossenbürgs aus überblickt man das eingeebnete Gelände. Erhalten sind die steinernen Funktionsgebäude wie eben Kommandantur, Offizierskasino, Wäscherei, Küche und zwei Wachtürme. Die nicht isolierten Holzbaracken, in denen die Häftlinge zusammengepfercht überdauerten, werden durch Fundamente im Boden nachvollziehbar. Vorgesehen waren die 50 Meter langen und drei Meter breiten Baracken für 250 Menschen, mit dem Vorrücken der Roten Armee kamen ab 1943 immer mehr Häftlinge aus „Ostlagern“ nach Flossenbürg, sodass die Zahl auf 1000 pro Hütte anstieg.
Unvorstellbar muss das Leid der Menschen im Arbeitslager Flossenbürg gewesen sein. Der Gedenkstättenbesuch des BSG fiel auf zwei durchaus kalte Tage Ende September. Trotz dicker Jacken, gutem Schuhwerk und Mützen froren die Jugendlichen während der zwei Stunden, die man sich auf dem Außengelände auf dem zugigen Appellplatz und beim Rundgang aufhielt. Eine Erfahrung, die die Vorstellung fassbar machte, wie unerträglich die Bedingungen schon allein deshalb für die Inhaftierten in ihren fadenscheinigen Häftlingsanzügen gewesen sein müssen.
Die Quälerei der Nazis erschöpfte sich aber nicht in menschenunwürdiger Unterbringung und ungenügender Kleidung, mangelnder Hygiene, chronischer Unterernährung und psychischer sowie physischer Folter. Flossenbürg war zudem ein Arbeitslager, mit dem die Nationalsozialisten zwei Ziele verfolgten: Durchsetzen der eigenen Ideologie und Ausbeuten menschlicher Arbeitskraft für die Arbeit im nahegelegenen Steinbruch. Benutzt wurden dazu Menschen, die in den Augen der NSDAP politisch, gesellschaftlich oder sexuell zu „liberal“ waren oder einfach von den falschen Eltern geboren worden waren. Damit konnten die „Feinde“ der NS-Weltanschauung „gewinnbringend“ verwertet werden. Mehr als 100.000 Menschen waren den Nationalsozialisten in den Jahren 1938-1945 im Stammlager Flossenbürg mit seinen 90 weitverzweigten Außenlagern ausgeliefert.
Das technokratische Lagersystem sowie die durchplante Vernichtung menschlichen Lebens wurde in den museal hochwertig aufbereiteten Ausstellungsräumen vertieft. Wichtig war für die Schülergruppen zudem die darin erneut erfahrbare Tatsache, dass es sich bei den Gequälten und Ermordeten um tausende von Einzelpersönlichkeiten handelt – mit einer eigenen Vorgeschichte, einem individuellen Leben, das Freunde und Familie, Liebeskummer, Urlaubspläne und einfach Menschsein bedeutete.
Zuletzt besichtigten die BSG-Schülergruppen das „Krematorium“. Der dort verwendete Ofen war von der Herstellerfirma eigentlich für die Verbrennung von Müll und Tierkadavern konzipiert – seine Nutzung verdeutlicht die Menschenverachtung der Nationalsozialisten selbst nach dem Tod ihrer Opfer.
Geschichte wird von Menschen gemacht. Orte wie Flossenbürg erinnern eindringlich daran. Die Museumsmitarbeiter schlugen zudem gekonnt Brücken von den historischen Ereignissen in die Gegenwart und mahnten die Besucher, gesellschaftliche und politische Verantwortung für eine Zukunft zu übernehmen, in der freies Denken, Toleranz und Menschenwürde so selbstverständlich sind wie heute.
Auf dem Appellplatz vor der Lagerkommandantur:
Obwohl die BSGler warm eingepackt waren, froren sie auf dem zugigen Gelände Ende September und die zwei Stunden, die man auf dem Außengelände zubrachte waren nicht nur emotional, sondern aufgrund der Kälte auch körperlich unangenehm. Allein die Vorstellung, dass die Häftlinge oft stunden-, manchmal tagelang in der Winterkälte bei Minusgraden zum Standappell gezwungen wurden, ist unvorstellbar. Hatten die Inhaftierten diese Tortur überstanden, ging es nicht in eine gemütlich warme Wohnung, sondern in eine der nicht isolierten, beengten und jeglichen Ansatz von Komfort entbehrende Baracke.
In den Ausstellungsräumen:
Die Karte direkt neben dem Eingang zeigt das Lagersystem der Nationalsozialisten. Das KZ Flossenbürg war ein Stammlager das 90 (!!!) Außenlager organisierte.
Auf Schautafeln und Ausstellungsobjekten wird versucht, die Einzelschicksale der Opfer zu vergegenwärtigen. Zudem erfährt man vom perfiden Kontroll- und Bürokratisierungswahn der Nazis. In den Lagern wurden die Inhaftierten mit Nummern, verschiedenfarbigen "Winkeln" und weiteren Aufnähern auf der Kleidung in Kategorien eingeteilt. Namen gab es nicht mehr.
Im Duschraum:
Der Duschraum in Flossenbürg war tatsächlich ein solcher und keine Gaskammer. Allerdings wussten das die ankommenden Häftlinge nicht. Bewusst wurden sie mit Todesangst in den Raum geführt. Psychische Folter gehörte zum Alltag. Darauf folgte die physische. Von einer Seite der Deckenbrausen strömte siedend heißes Wasser, von der anderen eiskaltes. Zusätzlich wurden die Inhaftierten mit Wassermassen aus Feuerwehrschläuchen traktiert. Oft mussten die Häftlinge nach dieser Behandlung nass und wie immer unbekleidet auf dem Appellplatz ausharren.