Raus aus der privilegierten Komfortzone! (Ein Bericht von Christian Geiger, Q12)

Ein Bericht von Christian Geiger (Q12) über den Vortrag des Entwicklungshelfers Florian Stuffer

Mit einem Landrover über staubige Sandpisten fahren, ohne fließendes Wasser und Strom leben und im westafrikanischen Hinterland eine Schule bauen: Für die meisten Q12-Oberstufenschüler des Geokurses von Herrn Stuffer lagen diese abenteuerlichen Aktivitäten vermutlich lange Zeit außerhalb der eigenen Lebensplanung. Bei einem Videocall mit dem ehemaligen Entwicklungshelfer Florian Stuffer aber bekamen die Gymnasiasten völlig neue Perspektiven vermittelt, da der Vortragende aufschlussreiche Einblicke in das Leben in einem Entwicklungsland gab.

Der Referent berichtete zunächst vom Ablauf seines dreimonatigen Aufenthalts in Sierra Leone, den er über die private Spendenorganisation Green Helmets durchgeführt hatte. Dort koordinierte er einerseits die Bauarbeiten für ein Gymnasium in Mansadu, packte aber auch oft selbst mit an. Besonders die Erfahrungen über alltägliche Mangelsituationen beeindruckten die Schüler; die meisten Menschen aus nördlichen Industrieländern können sich die Arbeitsbedingungen im tropischen Regenwald vermutlich nur schwer vorstellen.

Der Referent erklärte, wie er sich mit Grundwasser aus einem nahen Brunnen duschte, indem er einen Eimer davon über seinen Kopf schüttete; auch das für die Herstellung von Zement notwendige Wasser wurde durch Regenwassercontainer gesammelt oder von einheimischen Frauen aus einem nahe des Dorfs gelegenen Fluss herbeigetragen. Die Ernährung erwies sich während der drei Monate eher abwechslungsarm; meistens habe er nur Reis mit unterschiedlichen Soßen gegessen, berichtete der Redner. Während des Vortrags gelang es ihm immer wieder, die Zuhörenden mit amüsanten Anekdoten einzufangen; so sorgte er für überraschtes Schmunzeln, als er beschrieb, dass Handyempfang nur auf einem einzigen Felsen auf einem Hügel außerhalb des Dorfs verfügbar gewesen sei.

Gerade in Zeiten der Energiekrise und Gasmangellage erstaunte es die Kollegiaten, dass Freetown, die Hauptstadt Sierra Leones, zu 100% durch einen fest im Hafen stationierten türkischen Gastanker mit Strom versorgt wird. Die in Sierra Leone grassierende Hungersnot zeigt, wie abhängig die sogenannte Dritte Welt von den Geschehnissen im Norden ist. Durch den russischen Angriffskrieg wurden ukrainische Häfen blockiert und Getreidelieferungen nach Afrika verhindert. Als sehr bedrückend und traurig beschrieb der Referent, dass Proteste gegen den Hunger von der Regierung niedergeschlagen und sogar Demonstranten getötet wurden.

Stuffer erklärte, dass die Bauarbeiten an der Schule zwar einerseits das Selbstbewusstsein der Entwicklungshelfer über die eigenen Fähigkeiten gestärkt, andererseits aber auch die Grenzen der eigenen Einflussmöglichkeit aufgezeigt hätten:

„Man wird sich auch bewusst, dass man nicht allein die Welt retten kann.“

Dennoch habe er durch seine Hilfe einen nachhaltigen Mehrwert geschaffen. Die Dorfbevölkerung sei den Arbeitern gegenüber immer sehr dankbar gewesen und habe sie „mit offenen Armen aufgenommen und gut in die Gemeinschaft integriert.“

Bei einer Fragerunde am Schluss des Vortrags ermutigte Florian Stuffer die Anwesenden, ebenfalls in einem Entwicklungsland zu arbeiten. Durch den Aufenthalt habe er einen weiten Einblick in die Kultur Sierra Leones bekommen und dabei den eigenen Horizont um eine prägende Erfahrung erweitert. Die Reise in das Entwicklungsland behielt er in bester Erinnerung, daher könne er sie anderen jungen Menschen nur empfehlen:

„Obwohl ich nicht immer der Typ war, der groß rumgereist ist, bin ich durch den Aufenthalt viel weltoffener geworden!“

Das Schuljahr im Blick